Bundeslaufbahnverordnung (BLV): Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Bundeslaufbahnverordnung: zu § 16 bis § 27

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Zu § 16 (Verkürzung der Vorbereitungsdienste)

§ 16 BLV legt einheitlich und abschließend fest, in welchen Fällen der Vorbereitungsdienst nach pflichtgemäßem Ermessen verkürzt werden kann. Anders als bisher sind hierzu keine Regelungen mehr in den einzelnen Vorbereitungsdienstverordnungen zu treffen. Über eine Verkürzung des Vorbereitungsdienstes, die auf Anregung der Referendarinnen, Referendare, Anwärterinnen und Anwärter oder von Amts wegen erfolgen kann, wird regelmäßig vor Beginn des Vorbereitungsdienstes zu entscheiden sein. Das Erreichen des Ausbildungsziels darf hierdurch nicht gefährdet sein. Eine Verkürzung auf weniger als sechs Monate ist nicht zulässig.

Eine Verkürzung nach § 16 Absatz 1 BLV setzt voraus, dass die für die Laufbahnbefähigung erforderlichen Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten durch eine geeignete, mit einer Prüfung abgeschlossene Berufsausbildung oder für die Laufbahnbefähigung gleichwertige hauptberufliche Tätigkeiten erworben worden sind. Letztere müssen in den Laufbahnen des höheren Dienstes zusätzlich nach Bestehen der ersten Staats- oder Hochschulprüfung, also nach Erwerb der Vorbildungsvoraussetzungen, ausgeübt worden sein.

Nach § 16 Absatz 1 Satz 4 BLV dürfen Zeiten, die zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen nach § 17 BBG absolviert, also nach § 17 BBG angerechnet wurden, nicht für eine Verkürzung des Vorbereitungsdienstes berücksichtigt werden. Doppelanrechnungen sind nicht zulässig. Dies betrifft auch Zeiten einer praktischen Tätigkeit, die Voraussetzung für die Ablegung der für eine Laufbahn des höheren Dienstes vorgeschriebenen ersten Staats- oder Hochschulprüfung sind. Sie sind dem entsprechenden Hochschulstudium zuzurechnen und fallen daher unter die Zulassungsvoraussetzungen nach § 17 Absatz 5 BBG.

Vor Inkrafttreten der Neufassung der BLV im Jahr 2009 konnte eine Ausbildung für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst oder den gehobenen Justizdienst auf den Vorbereitungsdienst für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst bis zur Dauer von sechs Monaten angerechnet werden. § 16 Absatz 2 BLV ermöglicht für alle Vorbereitungsdienste des gehobenen und höheren Dienstes die Anrechnung eines Vorbereitungsdienstes der jeweils niedrigeren Laufbahngruppe. Das entspricht dem im Jahr 2009 implementierten Laufbahnsystem, in welchem diejenigen Laufbahnen, die verwandte und gleichwertige Vor- und Ausbildungen voraussetzen, zu größeren Laufbahnen zusammengefasst wurden. Die Entscheidung, ob und welche Vorbereitungsdienste der niedrigeren Laufbahngruppe auf den jeweiligen Vorbereitungsdienst angerechnet werden können, ist den nach Anlage 2 BLV zuständigen obersten Dienstbehörden überlassen und in den Vorbereitungsdienstverordnungen zu regeln. Für die Anrechnung ist ein Höchstmaß von sechs Monaten festgelegt.

Zu § 17 (Laufbahnprüfung)

Die Laufbahnprüfung kann als Abschlussprüfung zum Ende des Vorbereitungsdienstes oder in Form von Modulprüfungen vorbereitungsdienstbegleitend durchgeführt werden. Dies trägt der zunehmenden Modularisierung von Studiengängen an verwaltungsinternen und externen Hochschulen im Rahmen des Bologna-Prozesses Rechnung. Eine Modulprüfung bezeichnet den Abschluss eines Moduls, z. B. in Form einer Klausur oder einer mündlichen Prüfung. Ein Modul ist bei Bachelor- und Masterstudiengängen eine Lehreinheit, die aus mehreren Lehrveranstaltungen zu einem gemeinsamen Teilgebiet eines Studienfaches besteht. Ein Modul dauert in der Regel ein bis drei Semester. Jeder Bestandteil eines Moduls – dazu gehören auch mündliche Prüfungen oder „Modulabschlussprüfungen“ – wird entsprechend dem mit der Teilnahme verbundenen Zeitaufwand mit Credit Points (Studien- oder Leistungspunkten) gewichtet und in einer „Modulabschlussbescheinigung“ benotet.

Nach § 17 Absatz 2 BLV sind die Inhalte der Laufbahnprüfung bei einer Verkürzung des Vorbereitungsdienstes (§ 13 Absatz 2, § 16 BLV) an die Ausbildungsinhalte des geleisteten Vorbereitungsdienstes anzupassen.

Modul-, Teil-, Zwischen- und Laufbahnprüfungen können bei Nichtbestehen einmal wiederholt werden. Bis zum 26. Januar 2017 war einheitlich für alle Vorbereitungsdienste geregelt, dass die oberste Dienstbehörde in begründeten Ausnahmefällen eine zweite Wiederholung der genannten Prüfungen zulassen kann.

Seit dem 27. Januar 2017 ist eine zweite Wiederholung bei Vorbereitungsdiensten, die als Bachelorstudiengänge durchgeführt werden, jeweils in einem Pflichtmodul und in einem Wahlmodul ohne das Vorliegen einer begründeten Ausnahme möglich. Wurden bei einem vor dem 27. Januar 2017 begonnenen Vorbereitungsdienst bereits nach der alten Rechtslage Wiederholungen von Prüfungen zugelassen, werden diese auf die neuen Wiederholungsmöglichkeiten angerechnet.

Für die anderen Vorbereitungsdienste, auch für die in Form von modularisierten Diplomstudiengängen durchgeführten Vorbereitungsdienste, gibt es weiterhin nur die Möglichkeit, dass die oberste Dienstbehörde oder unmittelbar nachgeordnete Behörden in begründeten Ausnahmefällen eine zweite Wiederholung einer Prüfung zulassen kann.

Zu den §§ 19 bis 21 (Anerkennung von Befähigungen für den mittleren, gehobenen und höheren Dienst)

1. Anerkennung einer Laufbahnbefähigung auf Grund einer Teilnahme an einem Vorbereitungsdienst als Tarifbeschäftigte oder Tarifbeschäftigter

Werden Tarifbeschäftigte zur Teilnahme an einem Vorbereitungsdienst zugelassen, absolvieren sie diesen nicht als Vorbereitungsdienst im Beamtenverhältnis, sondern als berufsbefähigende Ausbildung/Qualifizierung. Insofern besitzen sie nicht automatisch mit Abschluss der Ausbildung/Qualifizierung die Befähigung für die entsprechende Laufbahn. Vielmehr ist, wenn eine Verbeamtung in Aussicht genommen wird, eine gesonderte Anerkennung der Befähigung nach § 19 oder § 20 BLV erforderlich. Da die Betroffenen aber gleichermaßen den Vorbereitungsdienst absolviert haben wie Beamtinnen und Beamte, erfolgt die Anerkennung der Befähigung nach § 19 Absatz 1 Nummer 1 oder nach § 20 Satz 1 Nummer 1 BLV ohne das Erfordernis eines Nachweises einer hauptberuflichen Tätigkeit.

In der Vergangenheit wurde Tarifbeschäftigten etwa die Teilnahme an dem als Fernstudiengang angebotenen Diplomstudiengang „Verwaltungsmanagement“ der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (HS Bund) durch Rundschreiben des BMI vom 21. August 2015 – D 5 – 31003/5#7 – sowie an dem Diplomstudiengang „Verwaltungsinformatik“ durch Rundschreiben des BMI vom 29. April 2013 – D 5 - 220231-2/6 – eröffnet.

2. Hauptberufliche Tätigkeit

Gemäß § 19 Absatz 3 BLV, auf den § 20 Satz 2 und § 21 Absatz 1 Satz 2 BLV verweisen, können nur hauptberufliche Tätigkeiten berücksichtigt werden, die nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit einer Beamtin oder eines Beamten in der Laufbahn, in die die Bewerberin oder der Bewerber eingestellt werden soll, entsprechen. Die Definition des Begriffs „hauptberuflich“ enthält § 2 Absatz 5 BLV.

Nach dieser Definition muss es sich u. a. um eine „entgeltliche Tätigkeit“ handeln. Dabei wäre es zu kurz gegriffen, nur eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als entgeltliche Tätigkeit einzustufen. Vielmehr muss es sich um eine Tätigkeit handeln, die zu einem Einkommen führt, welches geeignet oder jedenfalls weitgehend geeignet ist, den Lebensunterhalt zu sichern. Insofern kommt es auf die Art der beruflichen Tätigkeit (angestellt, freiberuflich, Forschungstätigkeit, stipendienfinanzierte Tätigkeit etc.) nicht an. Entscheidend ist lediglich, ob die in § 19 Absatz 3 BLV genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Soweit § 19 Absatz 3 BLV verlangt, dass die hauptberufliche Tätigkeit nach ihrer Fachrichtung der Tätigkeit in der angestrebten Laufbahn entspricht, ist darauf hinzuweisen, dass die Laufbahnen des nichttechnischen Verwaltungsdienstes ein breit gefächertes Aufgabenspektrum umfassen. So gehören zu dieser Laufbahn nicht nur Aufgaben der allgemeinen und inneren Verwaltung, sondern auch spezialisierte Aufgaben z. B. in den Bereichen Zoll, Marktüberwachung, Finanzdienstleistungsaufsicht, Verkehrs- und Luftsicherheit, Archivdienst und Verwaltungsinformatik. Insofern kommen als berücksichtigungsfähige Tätigkeiten ebenfalls viele Tätigkeiten in Betracht.

Kann eine Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung im Einzelfall aus zwingenden Gründen nicht erfolgen, ist die unterschiedliche Behandlung auf das im konkreten Fall notwendige Maß zu beschränken. Pauschale Regelungen für eine Vielzahl von Fällen sind in der Regel unzulässig.

Vor Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der BLV und anderer laufbahnrechtlicher Vorschriften am 27. Januar 2017 wurden ausgehend vom Regelfall der beruflichen Entwicklung bei der Anerkennung einer Laufbahnbefähigung nur Zeiten hauptberuflicher Tätigkeit, die nach Erwerb der Bildungsvoraussetzungen erworben wurden, berücksichtigt. Mit Inkrafttreten der o. g. Verordnung sind nunmehr auch Zeiten hauptberuflicher Tätigkeit vor Erwerb der Bildungsvoraussetzungen berücksichtigungsfähig. Ein Beispiel sind Verwaltungsfachwirte, die zunächst auf Grund ihres beruflichen Fortbildungsabschlusses Tätigkeiten ausüben, die denen des gehobenen Dienstes entsprechen, und später einen Bachelorabschluss erwerben, der den Zugang zu dieser Laufbahngruppe ermöglicht.

Zu § 22 (Andere Bewerberinnen und andere Bewerber)

Nach § 22 Absatz 1 BLV stellen die Bewerberinnen und Bewerber, die die geforderten Bildungsvoraussetzungen besitzen, den Regeltyp und die anderen Bewerberinnen und Bewerber die Ausnahme dar. Die Einstellung anderer Bewerberinnen und Bewerber soll der Verwaltung ermöglichen, in Einzelfällen auf die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen von Fachleuten zurückzugreifen, die sich innerhalb oder außerhalb der öffentlichen Verwaltung auf einem ihrer künftigen Laufbahn entsprechenden Gebiet qualifiziert haben.

Demgemäß können andere Bewerberinnen und Bewerber nur dann berücksichtigt werden, wenn geeignete Laufbahnbewerberinnen und -bewerber nicht zur Verfügung stehen oder wenn ein besonderes dienstliches Interesse an deren fachlichen Kenntnissen und Erfahrungen besteht.

Nach § 19 BBG stellt der Bundespersonalausschuss fest, wer eine Laufbahnbefähigung als andere Bewerberin oder als anderer Bewerber erworben hat. Zu den Voraussetzungen, die zu erfüllen sind, nimmt er Leitlinien in seine Geschäftsberichte auf. Auch in diesen Leitlinien wird der Ausnahmecharakter der Berücksichtigung anderer Bewerberinnen oder Bewerber betont.

Anträge auf Feststellung einer Laufbahnbefähigung als andere Bewerberin oder als anderer Bewerber stellen die obersten Dienstbehörden. Soweit der Bundespersonalausschuss einen Antrag für begründet erachtet, ist zusätzlich nachzuweisen, dass eine ausreichende Dauer der Berufserfahrung in Aufgaben, die nach Fachrichtung und Schwierigkeit der angestrebten Laufbahn entsprechen, vorliegt. Diese Dauer der Berufserfahrung beträgt für Laufbahnen des mittleren Dienstes vier Jahre, des gehobenen Dienstes sechs Jahre und des höheren Dienstes sieben Jahre und sechs Monate.

Darüber hinaus ist eine Prüfung vor einem Unterausschuss des Bundespersonalausschusses abzulegen. Das Verfahren regelt der Bundespersonalausschuss (§ 22 Absatz 4 BLV).

Zu § 23 (Besondere Qualifikationen und Zeiten)

§ 23 Absatz 1 BLV eröffnet die Möglichkeit, Absolventinnen und Absolventen mit einem Hauptschulabschluss oder einem als gleichwertig anerkannten Bildungsstand ausnahmsweise für eine Laufbahn des mittleren Dienstes zuzulassen, wenn die abgeschlossene Berufsausbildung und die hauptberufliche Tätigkeit geeignet sind, die Befähigung für eine Laufbahn des mittleren Dienstes zu vermitteln. Hintergrund der Regelung ist, dass die Zulassung zu einer Ausbildung im dualen System häufig nicht an einen bestimmten Bildungsabschluss gebunden ist. So können z. B. neben Absolventinnen und Absolventen mit einem mittleren Bildungsabschluss ggf. auch Hauptschülerinnen und Hauptschüler eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten oder zum Verwaltungsfachangestellten absolvieren. Da beide als Tarifbeschäftigte in der Regel Tätigkeiten wahrnehmen, die denen des mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes entsprechen, wird in diesen Fällen auch die Möglichkeit der Verbeamtung im mittleren Dienst eröffnet.

Nach § 23 Absatz 4 BLV kann für die Zulassung zu einigen Laufbahnen anstelle eines an einer Hochschule erworbenen Masters ein an einer Hochschule erworbener Bachelor oder ein gleichwertiger Abschluss, jeweils in Verbindung mit einer Promotion oder einer hauptberuflichen Tätigkeit von mindestens zwei Jahren und sechs Monaten, berücksichtigt werden. Im Fall der Zulassung auf Grund der Qualifikation Bachelor und mehrjährige Berufserfahrung ist demnach insgesamt eine hauptberufliche Tätigkeit von fünf Jahren nachzuweisen. Die hauptberufliche Tätigkeit muss nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit einer Beamtin oder eines Beamten derselben Laufbahn entsprechen.

Erfasst sind die Laufbahnen des höheren technischen Verwaltungsdienstes, des höheren sprach- und kulturwissenschaftlichen Dienstes, des höheren naturwissenschaftlichen Dienstes sowie des höheren ärztlichen und gesundheitswissenschaftlichen Dienstes. Es handelt sich um Laufbahnen, in denen ein Bewerberinnen- und Bewerbermangel besteht oder in denen typischerweise nur eine eingeschränkte Verwendungsbreite gefordert wird.

Die Regelung kann nur bei der Einstellung in ein Beamtenverhältnis angewendet werden.

Zu § 24 (Zulassung zur höheren Laufbahn bei Besitz einer Hochschulausbildung)

Beamtinnen und Beamte, die die für eine höhere Laufbahn erforderliche Hochschulausbildung besitzen, können nach Maßgabe des § 24 BLV für eine höhere Laufbahn zugelassen werden, wenn sie an einem für Regelbewerberinnen und Regelbewerber vorgesehenen Auswahlverfahren erfolgreich teilgenommen haben. Auswahlverfahren im Sinne der Norm sind externe Bewerbungsverfahren, d. h. Verfahren für öffentlich ausgeschriebene Dienstposten, nicht aber interne Auswahlverfahren nur für Bewerberinnen und Bewerber aus dem eigenen Haus bzw. Geschäftsbereich. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut. Die Voraussetzung der erfolgreichen Teilnahme am Auswahlverfahren unterstreicht vor dem Hintergrund des Leistungsgrundsatzes die sachliche Gleichheit der Einstellungs- und Befähigungsanforderungen für Regelbewerberinnen und Regelbewerber einerseits und für die in § 24 BLV genannten Beamtinnen und Beamten andererseits.

Seit dem Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der BLV und anderer laufbahnrechtlicher Vorschriften am 27. Januar 2017 ist als neue Möglichkeit hinzugetreten, auch Beamtinnen und Beamte des einfachen Dienstes, die eine Berufsausbildung besitzen, für die jeweilige Laufbahn des mittleren Dienstes zuzulassen. Berücksichtigungsfähig sind auch Berufsausbildungen, die vor Eintritt in den öffentlichen Dienst abgeschlossen wurden und bereits für die Anerkennung der Befähigung für die Laufbahn des einfachen Dienstes herangezogen worden waren.

Die Bewerberinnen und Bewerber werden unter den gleichen Voraussetzungen wie Regelbewerberinnen und Regelbewerber zum Auswahlverfahren zugelassen bzw. abgelehnt. D. h., dass auch Ablehnungen nach Aktenlage möglich sind.

Zu § 25 (Einstellung in ein höheres Amt als das Eingangsamt)

Die Einstellung in ein höheres Amt ist eine Ermessensentscheidung. Dies bedeutet, dass die einstellende Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden muss, ob die sofortige Übertragung eines höheren Amtes als des Eingangsamtes gerechtfertigt ist. Hierzu ist zusätzlich zur förmlichen Nachzeichnung des fiktiven Werdegangs eine wertende Betrachtung erforderlich.

Werden z. B. ab dem 1. Juli 2009 Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit bereits bei der Festsetzung der Erfahrungsstufen (§ 28 Bundesbesoldungsgesetz [BBesG]) anerkannt, kann dies dafür sprechen, dass eine gleichzeitige Berücksichtigung im Rahmen des § 25 BLV nicht sachgerecht ist. Gegen eine Einstellung in einem höheren Amt kann auch sprechen, dass zwar hauptberufliche Tätigkeiten absolviert wurden, diese aber nicht dem in der Stellenausschreibung definierten Anforderungsprofil entsprechen.

Beispiel: Gesucht wird eine Juristin oder ein Jurist mit Erfahrungen im Umweltrecht. Es bewirbt sich ein Jurist, der Umweltrecht studiert hat, seine hauptberuflichen Erfahrungen aber nur fünf Jahre in diesem Bereich und drei Jahre in einer Bank (Bereich: Kreditverträge) gesammelt hat. Hier spricht vieles dafür, nicht acht Jahre, sondern nur fünf Jahre zu berücksichtigen.

1. Berücksichtigung hauptberuflicher Tätigkeiten

In jedem Fall können hauptberufliche Tätigkeiten aber nur berücksichtigt werden, wenn die beruflichen Erfahrungen, die zusätzlich zu den beruflichen Erfahrungen, die für die Anerkennung der Laufbahnbefähigung erforderlich sind, nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit einer Beamtin oder eines Beamten der angestrebten Laufbahn entsprechen. Ein Teil dieser Tätigkeit muss darüber hinaus seiner Art und Bedeutung nach dem angestrebten Amt gleichwertig und für eine angemessene Zeitdauer ausgeübt worden sein. Als angemessene Dauer sind mindestens sechs bis zwölf Monate anzusehen. Dies entspricht nämlich der Mindesterprobungszeit für einen Beförderungsdienstposten nach § 34 Absatz 1 Satz 1 BLV.

Auf die Art der beruflichen Tätigkeit (freiberuflich, angestellt, Forschungstätigkeit, stipendienfinanziert etc.) kommt es hingegen nicht an. Entscheidend ist lediglich, ob die Tätigkeiten die in § 25 BLV genannten Voraussetzungen erfüllen.

Arbeitet z. B. ein Jurist nach dem zweiten Staatsexamen zunächst als Sachbearbeiter in einer Verwaltung, entspricht diese Tätigkeit nicht der Tätigkeit im höheren Dienst.

Wurde kein Vorbereitungsdienst absolviert, kann das erste Beförderungsamt frühestens übertragen werden, wenn nach Erwerb der Bildungsvoraussetzungen im einfachen Dienst drei Jahre, im mittleren und gehobenen Dienst vier Jahre und sechs Monate und im höheren Dienst fünf Jahre und sechs Monate hauptberufliche Tätigkeiten zurückgelegt wurden (Mindestzeiten für den Erwerb der Laufbahnbefähigung durch hauptberufliche Tätigkeiten sowie Zeiten einer Probezeit). Eine Beförderung während der Probezeit kann nicht unterstellt werden, weil keine beamtenrechtliche Beurteilung vorliegt, die einen Vergleich mit anderen Probezeitbeamtinnen und Probezeitbeamten ermöglicht.

Tabelle
Fiktiver Werdegang*

eD

mD

gD

hD

Erwerb der Laufbahnbefähigung**


1 Jahr und 6 Monate

1 Jahr und 6 Monate

2 Jahre und 6 Monate

Abschluss der Probezeit

3 Jahre   

3 Jahre   

3 Jahre   

3 Jahre   

1. Beförderungsamt

A 3

A 7

A 10

A 14

Beförderungssperre

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

2. Beförderungsamt

A 4

A 8

A 11

A 15

Beförderungssperre

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

3. Beförderungsamt

A 5

A 9 m

A 12

A 16

Beförderungssperre

1 Jahr


1 Jahr

1 Jahr

4. Beförderungsamt    

A 6


A 13 g

B – Amt

Bei den in der Tabelle dargestellten Zeiten handelt es sich um Mindestzeiten. Weichen die in der Behörde üblichen Karriereverläufe von diesen Mindestzeiten ab, so kann die Behörde dies in ihre Ermessensentscheidung mit einbeziehen.

2. Förderliche Zusatzqualifikationen

In den Fällen, in denen geeignete berufliche Erfahrungen nicht vorliegen, muss für die Einstellung in ein höheres Amt als das Eingangsamt die besondere persönliche und fachliche Befähigung durch förderliche Zusatzqualifikationen nachgewiesen werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn im Rahmen eines Stipendiums eine Habilitation geschrieben wurde. Die Qualifikation muss für das Amt der Laufbahn, in die eingestellt werden soll, förderlich und das Beförderungsamt nach dem individuellen fiktiven Werdegang erreichbar sein.

Beispiel: Eine Bewerberin oder ein Bewerber, die oder der im Anschluss an das Studium im Rahmen eines Stipendiums sechs Jahre habilitiert, kann in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 eingestellt werden, auch wenn keine hauptberuflichen Tätigkeiten vorliegen.

In den Fällen, in denen eine Bewerberin oder ein Bewerber zeitgleich gearbeitet und eine besondere Qualifikation erworben hat, kann dieser Zeitraum nur einmal berücksichtigt werden.

3. Benachteiligungsverbot

Auch bei der Einstellung in ein höheres Amt als das Eingangsamt ist das Benachteiligungsverbot des § 25 BBG zu berücksichtigen. D. h., Schwangerschaft, Mutterschutz, Elternzeit, Teilzeit und Telearbeit dürfen sich nicht nachteilig auf die Einstellung auswirken. Dies gilt aber nur, wenn diese in den zeitlichen Rahmen hauptberuflicher Tätigkeiten fallen (z. B. Schwangerschaft, Mutterschutz in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis).

4. Muster

Ein Muster für die Feststellung des Amtes, in das nach § 20 BBG i. V. m. § 25 BLV eingestellt wird, ist als Anlage 3 beigefügt.

5. Konkurrenz zu anderen Anrechnungsvorschriften

Hauptberufliche Tätigkeiten können sowohl im Besoldungsrecht (§ 28 BBesG) als auch im Laufbahnrecht (§§ 25 und 29 BLV) berücksichtigt werden. Eine Anrechnung von Tätigkeiten im Besoldungsrecht schließt eine Anrechnung nach § 25 BLV nicht aus. Sie kann aber für die Ermessenserwägung im Rahmen des § 25 BLV von Bedeutung sein (s. o.).

Hingegen können Zeiten, die bei der Berechnung des fiktiven Werdegangs nach § 25 BLV berücksichtigt worden sind, nicht noch einmal auf die Probezeit angerechnet werden (vgl. § 29 Absatz 2 Nummer 3 BLV). Etwas anderes gilt, wenn nach der Berechnung des fiktiven Werdegangs noch „überschießende“ Zeiten verbleiben. Diese können im Rahmen des § 29 BLV angerechnet werden.

Zu § 27 (Ausnahmen für besonders leistungsstarke Beamtinnen und Beamte)

Zu den Voraussetzungen, die Beamtinnen und Beamte vor Übertragung eines Dienstpostens im Sinne des § 27 Absatz 2 BLV erfüllen müssen, werden folgende ergänzende Hinweise gegeben:

1. Dienstzeiten im Sinne des § 27 Absatz 1 BLV sind Zeiten ab der Einstellung in eine Laufbahn. Hat die Beamtin oder der Beamte einen horizontalen Laufbahnwechsel vollzogen, rechnen die in der früheren Laufbahn zurückgelegten Zeiten mit. Zeiten eines Erholungs- oder Sonderurlaubs mit Fortzahlung der Dienstbezüge und Krankheitszeiten werden ebenfalls berücksichtigt. Gleiches gilt für ermäßigte Arbeitszeiten.

Eine dienstlichen oder öffentlichen Belangen dienende Beurlaubung nach § 30 Absatz 1 Satz 2 BLV (z. B. Beurlaubungen nach § 6 Absatz 1 der Sonderurlaubsverordnung [SUrlV] oder zur Ausübung einer Tätigkeit bei einer Fraktion) sowie die in § 30 Absatz 2 BLV genannten Zeiten (Mutterschutz, Kinderbetreuung bis zu drei Jahren pro Kind, Zeiten einer Pflege naher Angehöriger bis zu drei Jahren pro Angehöriger oder Angehörigem sowie Beurlaubung nach § 24 Absatz 2 des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst gelten ebenfalls als Dienstzeit.

2. Verwendungswechsel im Sinne des § 27 Absatz 1 sind sowohl abteilungsübergreifende Wechsel als auch wesentliche Veränderungen des Aufgabenzuschnitts.

3. Liegt keine aktuelle dienstliche Beurteilung vor, ist in den Fällen des § 33 Absatz 3 BLV (Beurlaubungen nach § 6 Absatz 1 SUrlV, Elternzeit, Freistellungen wegen Mitgliedschaft im Personalrat etc.) die letzte regelmäßige Beurteilung fiktiv fortzuschreiben.

4. An Auswahlverfahren nach § 27 Absatz 1 Nummer 4 BLV können in den Fällen des § 33 Absatz 3 BLV auch Beamtinnen und Beamte teilnehmen, denen wegen der Beurlaubung, Elternzeit oder Freistellung der Dienstposten vorerst nur „fiktiv“ übertragen werden kann. Sinn und Zweck des § 33 Absatz 3 BLV ist es, bei diesen Fallgruppen Benachteiligungen der Beamtinnen und Beamten bei der beruflichen Entwicklung auszuschließen. Entsprechend muss ihnen auch die Möglichkeit eingeräumt werden, unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten an dem Auswahlverfahren, das Voraussetzung für eine Beförderung nach § 27 BLV ist, teilzunehmen.

Das erste Beförderungsamt ist in den Laufbahnen des mittleren Dienstes ein Amt der Besoldungsgruppe A 7, in Laufbahnen des gehobenen Dienstes ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 und in Laufbahnen des höheren Dienstes ein Amt der Besoldungsgruppe A 14. Dies gilt unabhängig davon, ob in eine technische oder nichttechnische Laufbahn gewechselt wird. § 23 Absatz 2 BBesG ist nicht anzuwenden, weil keine Prüfung, sondern lediglich ein Auswahlverfahren durchgeführt wird. Insoweit kann auch kein Abschluss vorliegen, der die Einstellung in einem Amt der Besoldungsgruppe A 10 und somit ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 als erstes Beförderungsamt rechtfertigt.

Auf Beamtinnen und Beamte, die bei Inkrafttreten der Neufassung der BLV am 14. Februar 2009 die Voraussetzungen des § 27 Absatz 1 Nummer 1 und 2 BLV erfüllt haben, ist § 27 Absatz 1 Nummer 3 BLV bis zum 31. Dezember 2019 mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle der letzten zwei Beurteilungen eine Anlassbeurteilung erstellt werden kann (§ 55 BLV).

Weitere Voraussetzung ist, dass die Beamtinnen und Beamten ein Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen (§ 27 Absatz 1 Nummer 4 BLV).




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